Besucher aus Israel machten in dieser Woche im neuen Stadtarchiv Station, um mehr über ihre aus Weseke stammenden Vorfahren zu erfahren. Dank Archivleiter Dr. Norbert Fasse wurden sie fündig. Er hielt für die weitgereisten Besucher einige Schriftstücke bereit.
Gäste aus Israel im Stadtarchiv Foto: Peter Berger
Im Lesesaal des Stadtarchiv schauten sich Zohar Cohen Leigh (2. von rechts) und ihr Mann Neil Leigh (rechts) unter anderem erhalten gebliebene Bauzeichnungen an. Empfangen wurden sie von (von links) Leo Bathe, Norbert Fasse und Claudia Biela.
WESEKE/BORKEN. Zohar Cohen Leigh lebt in Netanja (Israel) und ist eine Nachfahrin der seit mindestens 1815 in Weseke ansässigen Familie Cohen. Leigh habe vor ein, zwei Jahren begonnen, in verschiedenen genealogischen Internetportalen nach ihren Vorfahren zu forschen, um mehr über ihre Herkunft und Familiengeschichte zu erfahren, berichtet Fasse. Mit Unterstützung des Stadtarchivs Kalkar habe sie herausgefunden, dass ihr Ur-Urgroßvater Herz Abraham Cohen, der am 3. Februar 1892 in Kalkar verstorben war, in Weseke geboren wurde.
Verzweigte Familiengeschichte
Anhand eines handschriftlichen Registers der Geburten, Trauungen, Scheidungen und Sterbefälle bei der „Judenschaft zu Weseke“ zwischen 1822 und 1873 ließ sich unter anderem das Geburtsdatum von Herz Abraham Cohen ermitteln: 5. Dezember 1827. Die weitere Familiengeschichte des Zweiges, dem Zorah Cohen Leigh angehört, skizziert Fasse so: Ihr Urgroßvater Benjamin Cohen, geboren in Kalkar, zog über Gelsenkirchen und Duisburg-Meiderich nach Berlin. Der Großvater Erwin Cohen, geboren in Berlin, konnte über Dänemark nach Israel emigrieren, trat 1940 in die britischen Mittelmeerstreitkräfte ein, um gegen Hitler-Deutschland zu kämpfen, und geriet in Griechenland in deutsche Kriegsgefangenschaft, die er überlebte. Ihr Vater Aaron Cohen ist in Israel geboren.
Anhand eines handschriftlichen Registers der Geburten, Trauungen, Scheidungen und Sterbefälle bei der „Judenschaft zu Weseke“ zwischen 1822 und 1873 ließ sich unter anderem das Geburtsdatum von Herz Abraham Cohen ermitteln: 5. Dezember 1827. Die weitere Familiengeschichte des Zweiges, dem Zorah Cohen Leigh angehört, skizziert Fasse so: Ihr Urgroßvater Benjamin Cohen, geboren in Kalkar, zog über Gelsenkirchen und Duisburg-Meiderich nach Berlin. Der Großvater Erwin Cohen, geboren in Berlin, konnte über Dänemark nach Israel emigrieren, trat 1940 in die britischen Mittelmeerstreitkräfte ein, um gegen Hitler-Deutschland zu kämpfen, und geriet in Griechenland in deutsche Kriegsgefangenschaft, die er überlebte. Ihr Vater Aaron Cohen ist in Israel geboren.
Im Ersten Weltkrieg haben die in Weseke lebenden Brüder Abraham, Heimann, Nathan und Wilhelm Cohen in der Kaiserlichen Armee gekämpft, alle vier sind mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse für besondere Tapferkeit ausgezeichnet worden. Heimann Cohen (geboren 1877 in Weseke) und seine Frau Antoinette, geb. Berger (geb. 20.8.1880) sind kinderlos gewesen und im Stammhaus Cohen (Weseke-Dorf Nr. 30) wohnen geblieben, Sie sind 1942 nach Theresienstadt deportiert worden und der Shoah zum Opfer gefallen. Zudem seien aus Weseke neun Angehörige der Familie Frank nach Riga deportiert worden, und auch die beiden unverheirateten Schwestern Rosalie und Hulda Rosengarten, deren Mutter Sophie eine geborene Cohen gewesen war, berichtet Fasse.
Verwandte fielen der Shoah zum Opfer
Weitere Verwandte ließen sich in den 1920er Jahren in Gemen nieder und flohen vor den Nazis in die Niederlande. Fast alle wurden jedoch deportiert und ermordet – mit Ausnahme des Sohnes Hermann, der nach Kanada hatte emigrieren können, und der Tochter Lotti (Lotte) Cohen (geboren 1920 in Weseke), die die Konzentrationslager Auschwitz und Stutthof sowie den von der SS von dort Richtung Westen organisierten Todesmarsch im Januar 1945 überlebt hatte und zunächst nach Borken zurückkehrte, bevor sie schließlich in die USA emigrierte.
Weitere Verwandte ließen sich in den 1920er Jahren in Gemen nieder und flohen vor den Nazis in die Niederlande. Fast alle wurden jedoch deportiert und ermordet – mit Ausnahme des Sohnes Hermann, der nach Kanada hatte emigrieren können, und der Tochter Lotti (Lotte) Cohen (geboren 1920 in Weseke), die die Konzentrationslager Auschwitz und Stutthof sowie den von der SS von dort Richtung Westen organisierten Todesmarsch im Januar 1945 überlebt hatte und zunächst nach Borken zurückkehrte, bevor sie schließlich in die USA emigrierte.
Zohar Cohen Leigh und ihr Ehemann Neil Leigh hatten in der vergangenen Woche zunächst Gießen, die Partnerstadt von Netanja, besucht, danach Kalkar als Wohnsitz ihres in Weseke geborenen Ur-Urgroßvaters.
Zwischenstopp in Weseke
Am Donnerstag führte die Reiseroute dann nach Borken. Die stellvertretende Bürgermeisterin Claudia Biela begrüßte die Gäste im Namen der Stadt, zusammen mit Norbert Fasse, Hartmuth Schlüter-Müller, Hartmut Bringmann, Dr. Leo Bathe (dem Initiator des Gedenkortes in Weseke) und Kerstin Brandt, Lehrerin am Berufskolleg Borken, schloss sich ein angeregtes Gespräch über Vergangenheit und Gegenwart der Erinnerungskultur an. Am Nachmittag wurden die Leighs in Weseke von Ortsvorsteherin Birgitta Niehoff-Elsing begrüßt. Leo Bathe zeigte ihnen, wo einst die jüdischen Familien Frank, Cohen und die Schwestern Rosengarten an der Ballbahn gewohnt haben, und erzählte, wie das Gedenk-Ensemble an der Weseker Pfarrkirche 2015/16 entstanden ist.
Am Donnerstag führte die Reiseroute dann nach Borken. Die stellvertretende Bürgermeisterin Claudia Biela begrüßte die Gäste im Namen der Stadt, zusammen mit Norbert Fasse, Hartmuth Schlüter-Müller, Hartmut Bringmann, Dr. Leo Bathe (dem Initiator des Gedenkortes in Weseke) und Kerstin Brandt, Lehrerin am Berufskolleg Borken, schloss sich ein angeregtes Gespräch über Vergangenheit und Gegenwart der Erinnerungskultur an. Am Nachmittag wurden die Leighs in Weseke von Ortsvorsteherin Birgitta Niehoff-Elsing begrüßt. Leo Bathe zeigte ihnen, wo einst die jüdischen Familien Frank, Cohen und die Schwestern Rosengarten an der Ballbahn gewohnt haben, und erzählte, wie das Gedenk-Ensemble an der Weseker Pfarrkirche 2015/16 entstanden ist.
Am Abend verabschiedeten sich Zohar Cohen Leigh und Neil Leigh Richtung Münster, verbunden mit dem Versprechen, mit den neu gewonnenen Borkener und Weseker Gesprächspartnern in Verbindung zu bleiben.
Heimann Cohen wurde im Ersten Weltkrieg wie auch seine Brüder mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse für besondere Tapferkeit ausgezeichnet. Foto: Stadtarchiv
Borkener Zeitung 05.05.2023