Feldpost aus dem Zweiten Weltkrieg wiedergefunden
Die letzten Briefe zweier Nienborger Brüder

Nienborg - Den Krieg hatten beide Brüder schon nach kurzer Zeit satt. Doch überlebt hat den Krieg weder Franz Schulze Wext noch sein Bruder Heinrich Schulze Wext. Was ihrer Nienborger Familie geblieben ist, sind Erinnerungen, Fotos und zahlreiche Briefe. 
 
Johannes Buss blättert durch die Alben: Neben den Feldpostbriefen hat die Familie Schulze Wext auch zahlreiche Fotos aufgehoben, die Franz Schulze Wext während des Kriegs gemacht hat. Außerdem fand sie zwei Porträts der Brüder, die der Heimatverein neu hat rahmen lassen. Das linke Foto zeigt Franz Schulze Wext, das rechte seinen Bruder Heinrich. Foto: Mareike Meiring

 
Den Krieg hatten beide Brüder schon nach kurzer Zeit satt. Sie wollten zurück nach Hause, auf den Hof, zu den Tieren, zu ihrer Familie. Doch überlebt hat den Krieg weder Franz Schulze Wext noch sein Bruder Heinrich Schulze Wext. Beide wurden während des Zweiten Weltkrieges eingezogen, 1939 Franz, 1943 sein Bruder. Sein Zuhause hat das Nienborger Bruderpaar danach nie wieder gesehen.

Was ihrer Familie geblieben ist, sind Erinnerungen, Fotos und zahlreiche Briefe. Denn per Feldpost blieben Franz und Heinrich während des Kriegs mit ihrem Zuhause in Kontakt. Über den Inhalt dieser Briefe und über die vielen Stationen der Brüder während des Krieges in Europa berichtet Johannes Buss vom Heimatverein Nienborg am Sonntag (17. März) während eines Vortrags im Haus Hugenroth.

Es war Zufall, dass all die Briefe der Nienborger Brüder wieder ans Tageslicht gekommen sind. Die Familie Schulze Wext hatte Zuhause aufgeräumt und ausgemistet, dabei ist sie auch auf zahlreiche alte Bücher und technische Geräte gestoßen. Also rief sie den Heimatverein Nienborg an und fragte, ob der nicht noch Verwendung für diese Zeugnisse der Zeit hätte. Hatte er. Und plötzlich tauchte auch die Kiste voller Feldpostbriefe wieder auf.

Wie viele drin waren? Johannes Buss winkt ab. „Allein Heinrich hat jede Woche zwei bis drei Briefe geschrieben“, erzählt der Nienborger. Und auch sein Bruder Franz kam im Schnitt auf einen Brief pro Woche.

Franz war der Ältere von beiden, alle seine Briefe hatte er in Sütterlin verfasst. „Die habe ich lesbar gemacht“, sagt Johannes Buss, der sich schon vor einigen Jahren die Sütterlinschrift angeeignet hat. Schreiben kann er sie zwar nicht, dafür aber lesen. Und diese Fähigkeit half ihm auch bei vielen Briefen von Heinrich fürs Verständnis.
Franz Schulze Wext kam im November 1938 zum Köterberg und wurde im Alter von 21 Jahren Soldat. Über Länder wie Frankreich und Polen ging es für ihn schließlich Richtung Stalingrad, „vor Stalingrad ist er gefallen“, sagt Johannes Buss – „am 7. Oktober 1942 durch einen Granatvolltreffer“, steht es auf seinem Totenzettel geschrieben.

Nur wenig später musste sein Bruder Heinrich im November 1943 mit 17 Jahren als Soldat in den Krieg. Das Bestreben seiner Familie, ihn zurückzuholen, half nichts, wie Johannes Buss erzählt: „Die Familie hat mehrere Eingaben gemacht, dass Heinrich nach Hause kann, weil er der einzige verbliebene Sohn war.“ Sein Bruder war bereits tot, der andere Bruder starb schon als Kleinkind. Und ansonsten gab es in der Familie nur vier Mädchen. Doch die Eingaben waren vergeblich. Für Heinrich ging es unter anderem nach Österreich, Ungarn und später nach Italien. Seit dem 26. November 1944 galt Heinrich als vermisst.

„Über den genauen Tod weiß man nichts“, sagt Johannes Buss. Die Feldpostbriefe der Familie gingen mit dem Vermerk „Zurück, nicht bei der Einheit“ und „Zurück, Empfänger vermisst“ zurück. Doch zumindest wissen seine Nachkommen nun etwas mehr über sein Leben und das seines Bruders. „So können wir die Erinnerung wachhalten und darüber reden“, sagt der 72-Jährige Johannes Buss. Denn die lebendigen Zeitzeugen werden immer weniger.
 
Von Mareike Meiring Allgemeine Zeitung 13.03.2019
 
 

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