Ostbevern - „Lieber Onkel, Tante und Familie, Gestern, den 1rsten Juni, erhälten wir Euren Brief. Wir haben so viel hier in Amerika, und Ihr habt so wenig. Mutter kamen die Trähnen. Sie schickte Euch Heute schon 2 Pfund Kaffee, 6 Pfund Fett und 7 Pfund Fleisch, und auch einen Mantel...“ - Dieser Brief, in etwas holprigem Deutsch und mit etlichen Fehlern, wurde am 2. Juni 1948 in Dayton, Ohio, geschrieben. Seinerzeit herrschte Not in Deutschland und ein Überfluss in den USA. Für Werner Schubert ist er ein erneutes Zeugnis einer Zeit, die bei vielen längst in Vergessenheit geraten ist.
Das Motorschiff „Breslau“ des Norddeutschen Lloyd beförderte ungezählte Auswanderer in die Vereinigten Staaten und von dort auch wieder zurück in die Heimat.
Erhalten hat der stellvertretende Vorsitzende des Heimatvereins dieses sowie zahlreiche weitere Schreiben und alte Fotos am Ende der Ausstellung „325 Jahre deutsche Einwanderer und 175 Jahre Ostbeverner Einwanderer in Nordamerika“. Zahlreiche Briefe, Bilder und Totenzettel stammen aus dem Besitz der Familie Buddendiek beziehungsweise deren Nachfahren. „Im 19. Jahrhundert sind mindestens 428 Ostbeverner nach Amerika ausgewandert. Aus dieser Familie sind mir fünf Personen namentlich bekannt“, berichtet Schubert.
In den Briefen gehe es um Familienangelegenheiten sowie um die schlechte Versorgungslage in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, so der Geschichtsforscher, der seit rund 27 Jahren Exponate aus der Zeit der Auswanderer sammelt. Die sieben Schreiben aus dem Besitz der Buddendieks dokumentierten neben der Familien- auch die Zeitgeschichte, erklärt er. So heißt es in einem: „Wir freuen uns, dass es wieder besser geht in Deutschland, und dass Ihr einen so guten Oberer bekommen habt, den Adenauer.“
Wie der Vorsitzende des Heimatvereins, Bernhard Frye, berichtet, gibt es neben den Nachkommen der Auswanderer vermutlich viele weitere Familien, in deren Kellern oder auf deren Dachböden Bücher, Fotos und andere Dinge aus Nachlässen lagern. „Vieles davon wird leider unbeachtet weggeworfen“, bedauert er. Das möchte der Heimatverein ändern. „Wer Bücher und Unterlagen über Ostbevern, das Münsterland, westfälische Heimatdichter, die Heimatgeschichte und anderes besitzt und nicht mehr benötigt, kann diese in der Zentrale der Gemeindeverwaltung abgeben“, so Frye. Der Heimatverein sichtet die Exponate. Was brauchbar ist, kommt in die Bibliothek des Heimathauses. Der Rest wird eventuell einem Bücherflohmarkt zugeführt.
VON SIGMAR TEUBER, TELGTE (Münsterländische Volkszeitung 31.07.2009)