Dass alte Zeitungen digitalisiert werden, ist sicher nichts Besonderes. Wohl aber, dass ein noch existierender Verlag - und damit Rechteinhaber - dies tut - und zwar als "historisches" Geschäftsmodell in Richtung Ahnenforscher, Historiker und sonstige Geschichtsfans. Das Mammutprojekt - die WN existieren seit 1946 - ist seit heute online.
Das Prinzip: Die Suche ist umsonst, bei der Darstellung (inkl. Lupenfunktion) scheint das DES von CompGen Vorbild gewesen zu sein. Refinanzieren soll sich das Projekt aus der Nutzung der Funde: Für Downloads ohne Wasserzeichen und in höherer Auflösung muss der Interessent zahlen (Tagesticket: 4,99, Jahreszugang: 399 Euro).
Ein kurzer Praxistext zeigt, dass das System sehr funktioniert, sowohl bei Personen (bis hin zu den Familien- und Todesanzeigen!!) als auch bei übergreifenden Themen (z.B. Bau der "Bettentürme" der Uniklinik). Eingeschlossen sind neben Münster die weiteren WN-Ausgaben wie Warendorf, Telgte etc., so dass ein großer Teil des Münsterlandes abgedeckt ist.
Auch wenn mir Lob für die seit ihren Anfängen pechschwarze Zeitung sonst schwerfällt und diese seit Wegfall der örtlichen Konkurrenz stark nachgelassen hat: Hier hat sie einen Treffer gelandet und frühere, auf der Berechnung einzelner Artikel basierende Bezahlmodelle (z.B. "Die Zeit") weit überholt. Das System ist durchdacht und setzt auf eine bestehende Nachfrage, die Bedienung ist einfach, die Preise sind akzeptabel (meist wird ja das Tagestick reichen). Einziger kleiner Wermutstropfen: Die Verschlagwortung wird nirgends erläutert, selbst in der heutigen 8-seitigen (!) WN-Beilage nicht. Das macht stutzig, denn Platz wäre ja genug gewesen, und wird auch kein Zufall sein. Erfolgte diese "automatisch" via OCR-Scannen (kaum denkbar) oder "händisch" - vielleicht gar in Indien o.ä.? Das würde ich gern erklärt haben, um den Unsicherheitsfaktor in Richtung Vollständigkeit der Ergebnisse einschätzen zu können.
Fazit: Not macht erfinderisch (und die deutschen Tageszeitungen sind nun mal in Not). Statt Leserreisen und ähnlichen Kappes als Geschäftsfelder zu umwerben besinnt man sich hier auf das eigene Firmen"kapital" und Alleinstellungsmerkmale. FALLS dieses Produkt beim Kunden ankommt (womit man rechnen darf), kann es zum Vorbild für andere Verlage werden.
Link zum WN-Archiv: https://archiv.wn.de/fragen-und-antworten/
Viele Grüße, Karl (Krautwurst)
Mailingliste: Westfalen-L -- Familienforschung/Genealogy in Westfalen